Das erste Bild der Barmherzigkeit Gottes nach der Vision, die Schwester Faustina zuteil geworden war, entstand im Jahre 1934 unter ihrer Aufsicht im Atelier von Eugeniusz Kazimirowski in Wilna. Während des 2. Weltkriegs entstanden weitere Bildnisse, darunter das Bild von Adolf Hyła, an dessen Entstehung Pater Józef Andrasz, der Krakauer Beichtvater der Schwester Faustina, beteiligt war. Die Kopien und Reproduktionen des zweiten Bildes der Barmherzigkeit dieses Malers aus der Klosterkapelle in Krakau- Łagiewniki verbreiteten sich schnell weltweit. An ihm erfüllten sich also die Worte Jesu: Ich wünsche, dass dieses Bild verehrt wird, zuerst in eurer Kapelle, dann auf der ganzen Welt (TB 47).
Zu Beginn der 1950er Jahre wurden unter den Geistlichen, auch unter den Bischöfen, immer häufiger Stimmen laut, die Kritik daran übten, dass das Bild der Barmherzigkeit Gottes in den Kirchen aufgehängt worden war. Das Bild hatte sich sehr verbreitet, stammte jedoch aus einer Quelle, die von der Kirche nicht untersucht worden war, weil noch kein Prozess zur Seligsprechung der Schwester Faustina Kowalska durchgeführt worden war. Die Bischöfe beriefen sich auch auf eine Anweisung des Heiligen Stuhls, der zu großer Vorsicht bei der Einführung neuer Bildnisse riet. Angesichts dessen organisierte Prof. Michał Sopoćko, indem er der Suggestion der Polnischen Bischofskonferenz folgte, im Jahre 1954 einen Wettbewerb für ein Bild, das Jesus darstellen sollte, wie er den Aposteln nach seiner Auferstehung im Abendmahlssal erschien und das Sakrament der Buße einsetzte. Den Wettbewerb, an dem drei Maler teilnahmen, gewann das Bild von Ludomir Ślendziński, dessen Verehrung die Polnische Bischofskonferenz am 5. Oktober 1954 genehmigte. Trotz zahlreicher Anstrengungen von Prof. Michał Sopoćko wurden die Bilder des Barmherzigen Jesus von Ślendziński nicht verbreitet.
1959 kam eine Notifikation heraus, die die Verbreitung des Kultes der Barmherzigkeit Gottes in den von Schwester Faustina übermittelten Formen verbot. Das Dokument überließ es der Umsicht der Seelsorger, die Bilder des Barmherzigen Jesus aus den Kirchen zu entfernen. In dieser Zeit wurden die Bilder aus vielen Gotteshäusern entfernt, es gab jedoch auch solche, in denen die Bilder blieben, und die Gläubigen beteten weiter vor ihnen.
Nach der Wiederrufung der Notifikation im Jahre 1978 kehrten die Bilder der Barmherzigkeit Gottes wieder in die Kirchen zurück. Heute gibt es wohl kein Land mehr, in dem es kein Bildnis des Barmherzigen Jesus gibt, das nach der Vision gemalt ist, die die hl. Schwester Faustina hatte. Es ist gegenwärtig das bekannteste Bild von Jesus Christus.
Die Vision des Bildes
Mit der Vision im Kloster in Płock am 22. Februar 1931, bei der Jesus den Auftrag erteilte, Sein Bild zu malen, beginnt die prophetische Sendung der Schwester Faustina. Es war ein Sonntag, der Tag, an dem die Kirche die Übernahme des römischen Bischofssitzes durch den Petrus begeht, was ein überaus beredter Kontext für das Werk ist, das Christus in der Kirche durch die Vermittlung Seiner „Sekretärin” begann. Von diesem Ereignis erzählte Schwester Faustina zuerst ihrem Beichtvater, der die Anweisung Jesu, ein Bild zu malen, auf der geistigen Ebene interpretierte und sagte: Male Gottes Bild in deiner Seele (TB 49). Als sie jedoch vom Beichtstuhl wegging, erklärte ihr Jesus: In deiner Seele besteht Mein Bild. (…) Ich wünsche, dass das Bild, welches du mit dem Pinsel malen wirst, am ersten Sonntag nach Ostern feierlich geweiht wird. Dieser Sonntag soll das Fest der Barmherzigkeit sein (TB 49). Von da an hatte Schwester Faustina keinerlei Zweifel mehr, dass Jesus sie um ein materielles Bild bat, aber sie hatte große Schwierigkeiten, diesen Wunsch zu erfüllen, weil sie nicht malen konnte und auch niemanden kannte, der ihr dabei geholfen hätte. Als sie die Angelegenheit der Oberin M. Róża Kłobukowska unterbreitete, bat diese um ein Zeichen des Himmels, das die Authentizität der Offenbarung bestätigen sollte. Jesus sprach: Ich will mich den Vorgesetzten durch Gnaden zu erkennen geben, die Ich durch das Bild erteilen werde (TB 51).
Als Schwester Faustina Ende 1932 von Płock nach Warschau fuhr, war die Vision des Bildes des Barmherzigen Jesus noch nicht auf Leinwand verewigt wurden. Jesus drängte sie folglich: Wenn du die Sache mit dem Malen des Bildes vernachlässigst und das ganze Werk der Barmherzigkeit, wirst du am Tage des Gerichts für eine große Anzahl von Seelen Rechen- schaft ablegen müssen (TB 154).
Das Bild des Barmherzigen Jesus von Eugeniusz Kazimirowski
Das erste Bild des Barmherzigen Jesus wurde erst in Wilna im Juni 1934 gemalt. Dort begegnete Schwester Faustina Prof. Michał Sopoćko, der ihr als ihr Wilnaer Seelenführer bei der Verwirklichung der Sendung der Barmherzigkeit helfen sollte. Eher von Neugier -erinnerte sich Prof. Sopoćko – geleitet, was das für ein Bild sein wird, als vom Glauben an die Echtheit der Visionen der Schwester Faustina (…) an das Malen dieses Bild heranzugehen. Ich setzte mich mit dem Kunstmaler Eugeniusz Kazimirowski in Verbindung, der mit mir in einem Haus wohnte und für eine bestimmte Summe das Malen übernahm, und mit der Schwester Oberin, die Schwester Faustyna gestattete, zweimal wöchentlich zu dem Maler zu gehen, um zu zeigen, was für ein Bild das sein sollte.
Das Malen des ersten Bildes des Barmherzigen Jesus geschah unter großer Diskretion, deshalb wurde Schwester Faustina auf dem Weg zum Atelier des Malers von der Oberin M. Irena Krzyżanowska begleitet. Die Arbeit dauerte einige Monate, und als das Bild beendet war (Juni 1934), war Schwester Faustina damit nicht zufrieden, und sie klagte Jesus unter Tränen in der Kapelle: Wer vermag Dich so schön zu malen, wie Du bist? (TB 313). Als Antwort vernahm sie: Nicht in der Schönheit der Farben oder des Pinselstrichs liegt die Größe dieses Bildes, sondern in Meiner Gnade (TB 313).
Das fertige Bild wurde in einem dunklen Korridor des Bernhardinerinnen-Klosters bei der St. Michael-Kirche aufgehängt, dessen Rektor Prof. Sopoćko damals war. Schwester Faustina drängte ihren Beichtvater, das Bild in einer Kirche aufzuhängen. Schließlich – schrieb Prof. Sopoćko in seinen Erinnerungen – erklärte sie mir, dass Jesus fordere, dieses Bild für drei Tage im Ostra Brama-Tor aufzuhängen, wo das Triduum (…) stattfinden werde, bei dem der Ostra Brama-Pfarrer, der Kanonikus Stanisław Zawadzki, mich eine Predigt zu halten gebeten hatte. Ich erklärte mich einverstanden, unter der Bedingung, dass man jenes Bild als Dekoration im Fenster des Kreuzgangs aufhängen würde, wo es imponierend aussah und mehr Aufmerksamkeit auf sich zog als das Bild der Muttergottes. Damals, vom 26.-28. April 1935, wurde der Welt am geplanten Fest der Barmherzigkeit zum ersten Mal das neue Bildnis des gekreuzigten und auferstandenen Erlösers der Welt, des Barmherzigen Christus, gezeigt. Dies fand im Ostra Brama-Heiligtum der Muttergottes der Barmherzigkeit statt. An diesen Feierlichkeiten nahm auch Schwester Faustina teil, die im „Tagebuch” folgende Worte notierte: Eigenartigerwise hatte sich alles so gefügt, wie der Herr es verlangte. Die erste Verehrung durch die Volksmenge wurde dem Bild am ersten Sonntag nach Ostern erwiesen. Drei Tage lang war das Bild öffentlich ausgestellt und von den Menschen verehrt worden. Das Bild war in der „Ostra Brama”, im Giebelfenster, ausgestellt und konnte von weitem gesehen werden. In „Ostra Brama” wurde feierlich drei Tage lang der Abschluss des Jubliäumsjahres der Welterlösung begangen – 1900 Jahre seit dem Leiden des Erlösers. Jetzt sehe ich, dass das Erlösungswerk mit dem vom Herrn verlangten Werk der Barmherzigkeit verbunden ist (TB 89).
Nach diesen Feierlichkeiten kehrte das Bild in das Kloster der Bernhardinerinnen zurück, wo es als Altardekoration für die Fronleichnamsprozessionen verwendet wurde. Am 4. April 1937 wurde das Bild nach einem positiven Gutachten von Sachverständigen mit der Erlaubnis des Wilnaer Metropoliten Erzbischof Romuald Jałbrzykowski geweiht und in der St. Michael-Kirche in Wilna aufgehängt, wo es bis 1948 verehrt wurde.
Die ersten Reproduktionen der Kopie des Bildes des Barmherzigen Jesus (von Łucja Bałzukiewiczówna) kamen in Krakau in der Werkstatt von Józef Cebulski 1937 heraus. Die Bildchen sind nicht so schön (…). Sie werden von denjenigen gekauft, die die Gnade Gottes anzieht, und hier wirkt Gott selbst. Unsere Kongregation hat ziemlich viele gekauft. Mutter Irena verbreitet diese Bildchen und Büchlein. Wir haben gesagt, dass wir sie sogar bei der Pforte verteilen werden.
Die Bildchen des Barmherzigen Jesus von Kazimirowski und seine Kopien verbreiteten sich während des 2. Weltkriegs. In Wilna fertigte der Fotograf Nowicki im Auftrag von Prof. Sopoćko tausend fotografische Abzüge dieses Bildes an, in verschiedenen Größen (die kleinsten waren ca. 1 cm groß), die u. a. an Kappen und Rangabzeichen in Soldatenuniformen ange- näht wurden. Die gedruckten Bildchen des Barmherzigen Jeus wurden in den Klöstern der Kongregation der Muttergottes der Barmherzigkeit und in Kirchen verteilt, aber auch mit Päckchen in die Gefängnisse und Konzentrationslager geschickt.
Im August 1948 hoben die kommunistischen Behörden das Bernhardinerinnen-Kloster in Wilna auf und schlossen die St. Michael-Kirche. Die Ausstattung des Gotteshauses wurde mit dem Bild des Barmherzigen Jesus von Eugeniusz Kazimirowski in die damals weiterhin als Gotteshaus genutzte Heilig Geist-Kirche verbracht und hinter dem Hauptaltar gelagert, an der Stelle, wo sich früher der Chorraum des Ordens befunden hatte. Von dort aus, von Priester Jan Ellert, gelangte das Bild des Barmherzigen Jesus 1949 zu Priester Józef Grasewicz (einem Freund von Prof. Sopoćko und Verehrer der Barmherzigkeit Gottes), der es in der Kirche in Nowa Ruda (unweit von Grodno) aufhängte, wo er Pfarrer war. Das Bild mit der nachträglich angebrachten Unterschrift Jesus, ich vertraue auf Dich wurde in großer Höhe aufgehängt, über dem Querverband, der das Presbyterium vom Hauptschiff trennte. Die Bewohner von Nowa Ruda beteten vor ihm viele Jahre, sogar dann, als die Kirche von den kommunistischen Behörden geschlossen wurde und in ein Magazin umgewandelt werden sollte. 1970 wurde der gesamte bewegliche Besitz des Gotteshauses in die Kirche von Porzecze gebracht. Nur das Bild des Barmherzigen Jesus verblieb an seinem Platz, weil es zu hoch hing und es keine entsprechende Leiter gab, um es abzuhängen. 1986 tauschte man das Bild in der Kirche in Nowa Ruda heimlich gegen eine Kopie aus, das Original wurde nach Wilna gebracht. Nach einer notwendigen Konservierung der Leinwand, der Hinzumalung der Unterschrift und der Überbauung des Hintergrunds im oberen Teil des Bild, tauchte das Bild 1987 im Seitenaltar der frisch renovierten Heilig Geist-Kirche wieder auf. Im Jahre 2005 wurde es nach Wilna gebracht, in die Dreifaltigkeitskirche, die in den Rang eines Diözesanheiligtums der Barmherzigkeit Gottes erhoben wurde.
Das Bild der Barmherzigkeit Gottes von Adolf Hyła im Heiligtum in Krakau-Łagiewniki
Am bekanntesten ist das Bild der Barmherzigkeit Gottes von Adolf Hyła im Heiligtum in Krakau-Łagiewniki. Der Künstler malte das Bildnis des Barmherzigen Jesus aufgrund der Beschreibung, die Schwester Faustina, in ihrem „Tagebuch” hinterließ und nach einer Reproduktion des ersten Bildes von Kazimirowski, die ihm die Oberin des Klosters der Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit M. Irena Krzyżanowska zur Verfügung stellte. Regen Anteil an der Entstehung dieses Bildes nahm Pater Józef Andrasz (der Krakauer Seelenführer der Schwester Faustina), der seit 1942 im Kloster in Łagiewniki wohnte, also in der Nähe des Künstlers.
Das erste Bild der Barmherzigkeit Gottes von Adolf Hyła weihte Pater Józef Andrasz SJ am 7. März 1943. Weil dieses Bild in dem Altar, wo es für Andachten zur Ehren der Barmherzigkeit Gottes ausgestellt wurde, keinen Platz fand, bestellte M. Irena Krzyżanowska bei A. Hyła ein zweites Bild, dessen Größe und Form der Nische des Seitenaltars entsprechen sollte. Gleichzeitig bestellte die Generaloberin der Kongregation M. Michaela Moraczewska bei dem Lemberger Maler St. Batowski ein Bild für die Krakauer Kapelle. Als das Bild von Batowski aus Lemberg im Herbst 1943 im Kloster in Łagiewniki eintraf, waren die Schwestern in Verlegenheit, denn sie wussten nicht, welches Bild seinen Platz in der Kapelle finden sollte. Kardinal Adam Sapieha, der einmal nach Łagiewniki kam, um sich im Klostergarten zu erholen, kam ihnen zu Hilfe. Die Schwestern nutzten die Gelegenheit und brachten beide Bilder, das von Hyła und das von Batowski, ins Sprechzimmer. Der Kardinal, der sich die Geschichte beider Bilder anhörte, sagte: Wenn das Bild von Hyła seine eigene Votivgabe ist, dann soll es in der Kapelle hängen, und für das Bild von Batowski versprach er einen guten Platz zu finden (die Kirche der Barmherzigkeit Gottes in der Smoleńsk-Straße in Krakau).
Am ersten Sonntag nach Ostern, am 16. April 1944, weihte Pater Andrasz das neue Bild von Hyła, dessen Größe und Form der Seitennische des Altars entsprachen. Das Bild wurde in kurzer Zeit für seine Gnaden berühmt. Seine Kopien und Reproduktionen verbreiteten sich in der ganzen Welt, denn so sollten die Worte in Erfüllung gehen, die Jesus schon bei der ersten Offenbarung zu Schwester Faustina gesagt hatte: Ich wünsche, dass dieses Bild verehrt wird, zuerst in eurer Kapelle, dann auf der ganzen Welt (TB 47). In der ursprünglichen Version befand sich im Hintergrund der Gestalt von Jesus eine Landschaft von Łagiewniki, die der Künstler – unter dem Einfluss der Korrespondenz mit Prof. Michał Sopoćko – gemalt hatte, indem er zu Füßen Jesu einen Steinfußboden und einen dunkelgrünen Hintergrund gezeichnet hatte.
Das Bild fand seinen Platz an der Wand auf der rechten Seite der Kapelle, aber zu den feierlichen Andachten zu Ehren der Barmherzigkeit Gottes, die am dritten Sonntag eines Monats abgehalten wurden, wurde es auf den linken Seitenaltar gebracht, wo sich von Anfang an das Bild des Herzens Jesu befand. 1959, nach der Notifikation des Heiligen Stuhls, die die Verbreitung des Kultes in den von Schwester Faustina übermittelten Formen verbot, als die Bilder des Barmherzigen Jesus aus vielen Kirchen entfernt wurden, verblieb dieses Bild in der Klosterkapelle in Łagiewniki dank der Entscheidung des Erzbischofs Eugeniusz Baziak auf Dauer im Altar.
In manchen Veröffentlichungen heißt es, dass das Bild von der Kunstkommission der Krakauer Kurie negativ beurteilt wurde und dass es nicht der Vision entspricht, die Schwester Faustina in Płock hatte. Ob das Bildnis der Vision treu ist, lässt sich leicht überprüfen, wenn man es mit der Beschreibung im Tagebuch Nr. 47 vergleicht. Wenn es dagegen um das Gutachten der Kirchenbehörden geht, dann liegt werder im Archiv der Krakauer Kurie noch im Archiv der Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit ein solches Dokument vor. Es hat den Anschein, dass sich die Autoren dieser Veröffentlichungen ehr auf das Protokoll der Kunstkommission der Erzdiözese Krakau beziehen, die die Wettbewerbsbilder des Barmherzigen Jesus von Antoni Michalak und von Tadeusz Okoń beurteilte. Dieser Kommission gehörte u. a. Priof. Michał Sopoćko an, der ein Gegner der Interpretation des Bildes des Barmherzigen Jesus war, wie sie das Bildnis von A. Hyła darstellte. Im Protokoll vom 29. Juni 1954 heißt es in Punkt 2: Das Bild von Hrn. Okoń ähnelt zu sehr den Bildern von Hrn. Hyła, von denen annahmegemäß abzugehen ist. Eben dieser Satz, der an das Bild von Hyła anknüpft, wird wohl mit der Bewertung des Bildes von A. Hyła im Heiligtum in Krakau-Łagiewniki verwechselt. Priester J. Chróściechowski und nach ihm andere Autoren zitieren einen Satz aus einem Brief von Priester Sopoćko, in dem vom Protokoll der Kunstkommission der Erzdiözese Krakau vom 29. Juni 1954 die Rede ist, die entschied, dass man sich von ihm (dem Bild Hyłas) abwenden muss im Hinblick auf seine in Kultbildern unzulässige Feminisierung und wegen der fehlenden Abstimmung mit der Liturgie des Weißen Sonntags, mit der sich das Bild verbinden sollte. Die Suche nach einem gesonderten Protokoll der Beurteilung des Bildes von Hyła (vom 29. Juni 1954) im Archiv der Krakauer Kurie haben diese Informationen nicht bestätigt; auch Prof. Adam Bochnak, der der Kommission angehörte, erinnerte sich während eines Gesprächs mit Sr. Beata Piekut ZMBM und Sr. Elżbieta Siepak ZMBM nicht an eine separate Beurteilung des Bildes des Barmherzigen Jesus im Heiligtum in Krakau-Łagiewniki. Das erlaubt die Schlussfolgerung, dass der Satz aus dem Protokoll, in dem die Bilder von Michalak und Okoń beurteilt wurden, auch als Beurteilung des Bildes von Hyła behandelt wurde.
Das Bild des Barmherzigen Jesus in der Klosterkapelle im Heiligtum in Krakau-Łagiewniki erfreut sich großer Beliebtheit. Seinen Kopien und Reproduktionen kann man in jedem Winkel der Welt begegnen, und zwar nicht nur in Gotteshäusern, sondern auch in Wohnungen, an Arbeitsplätzen und überall dort, wo Verehrer der Barm- herzigkeit Gottes leben und arbeiten. Zu diesem Bild pilgern Menschen aus der ganzen Welt, um für sich und andere die notwendigen Gnaden zu erflehen. Zahlreiche Votivgaben, die sich in den Schaukästen an den Wänden der Kapelle befinden, zeugen von der Erfüllung der Versprechen Christi gegenüber denjenigen, die vertrauensvoll vor diesem Bild beten und den Nächsten Barmherzigkeit erweisen. Vor diesem Bild betete viele Male Karol Wojtyla, hier zelebrierte er hier die feierliche Andacht an die Barmherzigkeit Gott, zuerst als Priester, später als Bischof und Hirte der Erzdiözese Krakau. Am 7. Juni 1997 betete er vor dem Bild als Papst Johannes Paul II. Damals sagte er: Jeder kann hierherkommen, um das Bild des barmherzigen Christus zu betrachten, Sein Herz, das Gnaden ausstrahlt, und in der Tiefe seiner Seele das hören, was die selige Schwester gehört hat: Fürchte nichts, Ich bin immer mit dir (TB 613). Und wer ehrlichen Herzens sagt: „Jesus, ich vertraue auf Dich!”, der wird Linderung für seine Bekümmernisse und Ängste finden. Vor diesem Bild betete am 27. Mai 2006 auch der Heilige Vater Benedikt XVI.; hier beten kirchliche Würdenträger, Staatsoberhäupter, Gelehrte, Künstler, Menschen mit verschiedenen Berufungen und Berufen, ja sogar verschiedener Bekenntnisse. Hier, vor dem Barmherzigen Jesus – so heißt es – gibt es keine Trennlinien. Hier zählen nur ein vertrauensvolles Herz und eine Haltung tätiger Nächstenliebe gegenüber den Nächsten.
Das Bild des Barmherzigen Jesus von Ludomir Ślendziński
Nach dem Krieg, in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts, wurde auf der Bischofskonferenz Vorbehalt laut, die Verbreitung des Bildes des Barmherzigen Jesus betrafen. Da es aus privaten Offenbarungen stammte, die von der Kirche nicht untersucht worden waren, empfahl das Episkopat einen umsichtigen Umgang mit dem Bild des Barmherzigen Jesus nach der Vision der Schwester Faustina. Damit es aber ein Bild der Barmherzigkeit Gottes gab, das in der Kirche von Anfang an geweiht war, organisierte Prof. Sopocko, der damit einer Suggestion der Bischof- skonferenz folgte, 1954 einen Wettbewerb für ein Bild, das Jesus darstellte, wie er den Aposteln nach der Auferstehung im Abendmahlssaal erschien und das Sakrament der Buße einsetzte. Zu diesem Wertbewerb wurde auch der Maler Adolf Hyła eingeladen, der sehr viele Bilder des Barmherzigen Jesus geschaffen hatte, darunter auch das bereits damals für seine Gnaden berühmte Bild in der Kapelle der Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit in Krakau-Łagiewniki. Adolf Hyła lehnte jedoch eine Teilnahme an diesem Wettbewerb ab, weil er der Meinung war, dass das einen Kompromiss bedeuten würde, der dem Kult der Barmherzigkeit nicht dienlich wäre. In einem Brief an Prof. M. Sopocko schrieb er: Dieser Kompromiss soll u. a. darin bestehen, dass es eine solche Komposition des Bildes des Barmherzigen Jesus geben soll, dass es gleichzeitig eine Szene aus Seinem Leben darstellt, die im Evangelium beschrieben wird, und zahlreiche Details aus der Vision der Schwester Faustina. Das Ergebnis dieses Kompromisses ist jedoch ein Bild, das keine Evangeliumsszene darstellt und den Begriff der Barmherzigkeit Gottes verengt. Dem Evangelium (Joh 20, 19-24) zufolge grüßte Jesus, nachdem Er durch die verschlossene Tür in den Abendmahlssaal getreten war, die dort versammelten Jünger mit den Worten: „Friede sei mit euch!”, zeigte ihnen die Wunden an Seinen Händen und an Seiner Seite, gab ihnen den Heiligen Geist ein und sprach die Worte, mit denen Er das Sakrament der Buße einsetzte. Im Bild ist von alledem nur der Steinfußboden und die Tür vom Abendmahlssaal, aber Christus selbst macht etwas anderes: Er zeigt die Strahlen von Blut und Wasser, die von Seiner Seite ausgehen und segnet. Gleichzeitig begrenzt dieses Bild den Begriff der Barmherzigkeit Gottes, der in der Vision der Schwester Faustina zum Ausdruck kam, denn es verengt ihn lediglich auf die Barmherzigkeit, die sich im Sakrament der Buße offenbart.
Den Wettbewerb, an dem drei Künstler teilnahmen, gewann das Bild von Ludomir Ślendziński. Eben dieses Bild ließ die Hauptkommission der Polnischen Bischofkonferenz am 5. Oktober 1954 zur Verehrung zu, obwohl es in künstlerischer Hinsicht gewisse Bedenken weckte. Dieses Bild (das erste Bild von Ślendziński) befindet sich in der Kapelle der Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit in Warschau-Grochów (Hetmańska-Straße 44).
Sr. M. Elżbieta Siepak ISMM
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Übersetzt von Sabine Lipińska
Barmherzigkeit/Die Entwicklung der Andacht an die Barmherzigkeit Gottes