Das Fest der Barmherzigkeit wird am ersten Sonntag nach Ostern begangen, also am 2. Ostersonntag, der zurzeit als Sonntag der Barmherzigkeit Gottes bezeichnet wird. Zuerst nahm es Franciszek Kard. Macharski in den liturgischen Kalender für die Erzdiözese Krakau auf (1985), später einige polnische Bischöfe in ihren Diözesen. Auf Bitten der polnischen Bischofskonferenz führte der Heilige Vater Johannes Paul II. dieses Fest für alle Diözesen in Polen ein. Am Tag der Heiligsprechung der Schwester Faustina am 30. April 2000 verkündete der Papst dieses Fest für die ganze Kirche.
Die Anregung für dieses Fest war das Verlangen Jesu, das Schwester Faustina übermittelte. Jesus sprach zu ihr: Ich wünsche, dass der erste Sonntag nach Ostern zum Fest der Barmherzigkeit wird (TB 299). Ich wünsche, dass das Fest der Barmherzigkeit Zuflucht und Unterschlupf für alle Seelen wird, besonders für die armen Sünder. An diesem Tag ist das Innere Meiner Barmherzigkeit geöffnet; Ich ergieße ein ganzes Meer von Gnaden über jene Seelen, die sich der Quelle Meiner Barmherzigkeit nähern. Jene Seele, die beichtet und die heilige Kommunion empfängt, erhält vollkommenen Nachlass der Schuld und der Strafen; an diesem Tag stehen alle Schleusen Gottes offen, durch die Gnaden fließen (TB 699). In vielen Offenbarungen bestimmte Jesus nicht nur den Platz des Festes im liturgischen Kalender der Kirche, sondern auch den Beweggrund und den Zweck seiner Einsetzung, die Art und Weise seiner Vorbereitung und Begehung und knüpfte große Versprechen daran. Das größte ist die Gnade eines „vollkommenen Nachlasses der Schuld und der Strafen, die an die an diesem Tag nach einer guten Beichte (ohne Anhänglichkeit an die geringste Sünde) empfangene heilige Kommunion geknüpft ist, im Geist der Andacht an die Barmherzigkeit Gottes, also mit einer Haltung des Vertrauens gegenüber Gott und tätiger Nächstenliebe. Es ist dies – wie der Prof. Ignacy Różycki erklärt – eine größere Gnade als ein vollkommener Nachlass. Dieser beruht nämlich nur auf der Erlassung der irdischen Strafen, die für begangene Sünden gebühren, ist aber nie ein Erlassen der Schuld selbst. Diese ganz besondere Gnade ist grundsätzlich auch größer als die Gnaden der sechs Sakramente mit Ausnahme des Sakraments der Taufe: die Erlassung aller Schuld und Strafen ist nämlich nur eine sakramentale Gnade der heiligen Taufe. In den angeführten Versprechen knüpfte Christus den Nachlass der Schuld und Strafen mit der heiligen Kommunion, die am Fest der Barmherzigkeit empfangen wird, Er erhob sie in dieser Hinsicht zu einer „zweiten Taufe“. Der Vorbereitung auf dieses Fest soll eine Novene dienen, die darin besteht, neun Tage lang, beginnend mit Karfreitag, den Rosenkranz an die Barmherzigkeit Gottes zu beten. Das Fest Meiner Barmherzigkeit [kam] aus [Meinem] Inneren (…), zum Trost der ganzen Welt (TB 1517) – sprach Jesus zur Schwester Faustina.
Das Fest der Barmherzigkeit hat im Hinblick auf die Größe der Versprechen und seinen Platz in der Liturgie der Kirche den höchsten Rang unter allen Kultformen der Barmherzigkeit Gottes. Zum ersten Mal sprach Jesus über Seinen Wunsch der Einsetzung dieses Festes in Płock, als Er Seinen Willen in Bezug auf die Entstehung des Bildes übermittelte: Ich wünsche – sprach Er im Februar 1931 zur Schwester Faustina – dass das Bild, welches du mit dem Pinsel malen wirst, am ersten Sonntag nach Ostern feierlich geweiht wird. Dieser Sonntag soll das Fest der Barmherzigkeit sein (TB 49). Auf diese Angelegenheit kam Jesus in den folgenden Jahren in mehr als zehn Offenbarungen zurück, in denen Er nicht nur den Platz dieses Festes im liturgischen Kalender bestimmte, sondern auch die Ursache seiner Einsetzung, die Art und Weise der Vorbereitung und der Begehung sowie die daran geknüpften Gnaden angab.
Die Wahl des ersten Sonntags nach Ostern ist nicht zufällig – auf diesen Tag fällt nämlich die Oktave der Auferstehung des Herrn, die das Begehen des Paschamysteriums Christi krönt. Dieser Zeitraum in der Liturgie der Kirche zeigt deutlicher als die übrigen das Geheimnis der Barmherzigkeit Gottes, das im Leiden, im Tod und in der Auferstehung Christi geoffenbart wurde. Christus hebt die Quelle und den Beweggrund der erlebten Glaubensgeheimnisse hervor. Es ist selbstverständlich die Barmherzigkeit Gottes. Mit anderen Worten – es gäbe kein Erlösungswerk, würde es nicht die Barmherzigkeit Gottes geben. Diesen Zusammenhang bemerkte die hl. Schwester Faustina, die in ihrem „Tagebuch“ notierte: Jetzt sehe ich, dass das Erlösungswerk mit dem vom Herrn verlangten Werk der Barmherzigkeit verbunden ist (TB 89). Welche Gründe sprechen für die Einsetzung eines neuen Festes im liturgischen Kalender der Kirche? Jesus nennt sie: Trotz Meines bitteren Leidens gehen Seelen verloren. Ich gebe ihnen den letzten Rettungsanker. Es ist das Fest Meiner Barmherzigkeit. Falls sie Meine Barmherzigkeit nicht lobpreisen, gehen sie in Ewigkeit verloren (TB 965). Der letzte Rettungsanker ist die Zuflucht zur Barmherzigkeit Gottes. Um jedoch von ihr Gebrauch machen zu können, muss man wissen, dass es sie gibt, man muss Gott im Geheimnis Seiner Barmherzigkeit erkennen und sich vertrauensvoll an Ihn wenden. Und dieser Erkenntnis ist die Einsetzung eines eigenen Festes förderlich, denn es lenkt besondere Aufmerksamkeit auf diese Eigenschaft Gottes.
Der Vorbereitung auf dieses Fest ist die Novene, die darauf beruht, an neun Tagen, angefangen mit Karfreitag, den Rosenkranz zur Barmherzigkeit Gottes zu beten. In dieser Novene – versprach Jesus – werde Ich den Seelen alle Gnaden erteilen (TB 796). Verbreitet ist auch die Novene an die Barmherzigkeit Gottes, die im „Tagebuch“ der hl. Schwester Faustina notiert ist, in der wir jeden Tag eine andere Gruppe von Seelen zu Gott führen. Diese Novene kann man aus Frömmigkeit beten, aber man darf sich nicht auf sie beschränken, weil Jesus wünscht, dass dem Fest die Novene des Rosenkranzes zur Barmherzigkeit Gottes vorausgeht.
Am Tag des Festes (dem ersten Sonntag nach Ostern) soll das Bild der Barmherzigkeit feierlich geweiht und öffentlich verehrt werden, und die Priester sollen über die Barmherzigkeit Gottes predigen und Vertrauen in den Seelen wecken. Die Gläubigen sollten diesen Tag mit einem reinen Herzen erleben, im Geist dieser Andacht, also mit einer Haltung des Vertrauens gegenüber Gott und der Barmherzigkeit gegenüber den Nächsten. Der erste Sonntag nach Ostern ist das Fest der Barmherzigkeit, aber es muss auch die Tat hinzukommen und Ich verlange die Verehrung des Bildes, das gemalt worden ist (TB 742).
Das Fest der Barmherzigkeit ist nicht nur ein Tag der großen Verehrung Gottes im Geheimnis Seiner Barmherzigkeit, sondern auch ein Tag ungeheurer Gnade, weil Jesus große Versprachen an ihn knüpfte. Das größte betrifft die Gnade eines vollkommenen Nachlasses der Schuld und der Strafen: Jene Seele, die beichtet und die heilige Kommunion empfängt, erhält vollkommenen Nachlass der Schuld und der Strafen (TB 699). Diese Gnade – erläutert der Prof. Różycki – ist etwas wesentlich Größeres als ein vollkommener Nachlass. Dieser beruht nämlich nur auf der Erlassung der irdischen Strafen, die für begangene Sünden gebühren, ist aber nie ein Erlassen der Schuld selbst. Diese ganz besondere Gnade ist grundsätzlich auch größer als die Gnaden der sechs Sakramente mit Ausnahme des Sakraments der Taufe: die Erlassung aller Schuld und Strafen ist nämlich nur eine sakramentale Gnade der heiligen Taufe. In den angeführten Versprechen knüpfte Christus den Nachlass der Schuld und Strafen mit der heiligen Kommunion, die am Fest der Barmherzigkeit empfangen wird, Er erhob sie in dieser Hinsicht zu einer „zweiten Taufe“. Es ist selbstverständlich, dass die heilige Kommunion an diesem Tag nicht nur würdig empfangen werden muss, sondern auch die grundlegenden Erfordernisse der Andacht zur Barmherzigkeit Gottes erfüllen muss, damit sie eine völlige Erlassung der Schuld und Strafen gewährt. Hier ist zu erläutern, dass das Bußsakrament nicht am Tag des Festes der Barmherzigkeit empfangen werden muss, man kann dies früher tun; wichtig ist, dass die Seele rein ist, ohne Anhänglichkeit an irgendeine Sünde. Man muss auch Sorge tragen, dieses Fest im Geist der Andacht zur Barmherzigkeit Gottes zu erleben, also in einem Geist des Vertrauens gegenüber Gott und der Barmherzigkeit gegenüber den Nächsten. Erst eine solche Haltung berechtigt dazu, die Erfüllung der Versprechen Christi zu erwarten, die mit dieser Form des Kultes der Barmherzigkeit Gottes verbunden sind.
Jesus sprach, dass an diesem Tag alle Schleusen Gottes offen [stehen], durch die Gnaden fließen. Keine Seele soll Angst haben, sich Mir zu nähern, auch wenn ihre Sünden rot wie Scharlach wären (TB 699). An diesem Tag können alle Menschen, sogar diejenigen, die früher keine Andacht zur Barmherzigkeit Gottes hielten und sich erst bekehren, an allen Gnaden teilhaben, die Jesus für dieses Fest vorbereitet hat. Seine Versprechen betreffen nicht nur die übernatürlichen Gnaden, sondern auch irdische Wohltaten, deren Umfang nicht beschränkt wurde. Menschen, die Vertrauen haben, können für sich und für andere um alles bitten, wenn der Gegenstand des Gebets nur mit dem Willen Gottes übereinstimmt, also aus der Perspektive der Ewigkeit gut für den Menschen ist.
Sr. M. Elżbieta Siepak ISMM
Die vollständige theologische Analyse befindet sich in:
Prof. Ignacy Różycki: Nabożeństwo do Miłosierdzia Bożego [Andacht zur Barmherzigkeit Gottes], Kraków 2008, S. 99-104.
Übersetzt von Sabine Lipińska
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