Das Herz des Heiligtums der Barmherzigkeit Gottes in Krakau-Łagiewniki ist die Klosterkapelle mit dem Gnadenbild des Barmherzigen Jesus und dem Grab der hl. Schwester Faustina. Dieses kleine Gotteshaus, das im Klosterkomplex der Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit errichtet und 1891 geweiht wurde, diente einstmals nur den Schwestern und ihren Zöglingen; es war der Zeuge der Gebete und außergewöhnlichen Gnaden (u. a. der Offenbarungen Jesu und der Muttergottes), die der Apostelin der Barmherzigkeit Gottes hier zuteil wurden. Mit ihrem Tod wurde an diesem Ort die Botschaft von der Barmherzigkeit Gottes verwahrt, die sie nach dem Willen Christi der Kirche und der Welt übermittelte. Deshalb wurde das Heiligtum in Łagiewniki zur Hauptstadt des Kultes der Barmherzigkeit Gottes, von der aus diese Botschaft in die ganze Welt ausgeht und zu der Menschen von allen Kontinenten pilgern, wobei sie viele Gnaden erbitten, wovon die zahlreichen Votivgaben zeugen, die sich in den Schaukästen um die Kapelle befinden.
Im Seitenaltar linker Hand in der Kapelle befindet sich das Gnadenbild des Barmherzigen Jesus, das von Adolf Hyła geschaffen und von P. Józef Andrasz SI (dem Krakauer Seelenführer der Schwester Faustina) am 16. April 1944, dem ersten Sonntag nach Ostern, geweiht wurde. Kopien und Reproduktionen dieses Bildes haben sich weltweit verbreitet und mit ihm erfüllten sich die Worte Jesu, die Er bei seiner ersten Offenbarung zur Schwester Faustina sagte: Ich wünsche, dass dieses Bild verehrt wird, zuerst in eurer Kapelle, dann auf der ganzen Welt (TB 47).
Auf dem Altar unter diesem Bild ruht der kleine weiße Marmorsarg mit den Reliquien der hl. Schwester Faustina, ein Teil von ihnen befindet sich in der Marmorkniebank vor dem Altar, damit die Pilger sie ungehindert verehren und sie um ihre mächtige Fürsprache in den an die Barmherzigkeit Gottes gerichteten Gebeten bitten können.
Im Hauptaltar ist eine Figur der Muttergottes der Barmherzigkeit, der Patronin der Kongregation, und in den Seitennischen dieses Altars befinden sich Figuren des hl. Stanislaus Kostka, des Patrons der Jugend, sowie der hl. Maria Magdalena, der Patronin der Büßerinnen. Im Seitenaltar auf der linken Seite ist ein Bild des hl. Josef mit dem Kind zu sehen. Er war von Anfang an der Patron dieser Kapelle und des gesamtes Anwesens, das zu seinen Ehren einstmals als „Józefów“ bezeichnet wurde. An den Seitenwänden befinden sich Bilder der hl. Johannes Paul II, des hl. Ignatius, des Patrons der Kongregation, sowie des sel. Michał Sopoćko, des Seelenführers der hl. Schwester Faustina.
Im Jahre 1968 nahm Kard. Karol Wojtyła die St. Josef-Kapelle wegen des Grabs der Dienerin Gottes Schwester Faustina, das von Pilgern zahlreich besucht wurde, in die Liste der Heiligtümer des Erzdiözese Krakau auf, und am 1. November 1992 erließ der Krakauer Metropolit Kard. Franciszek Macharski ein offizielles Dekret, das diese Kapelle in den Rang eines Heiligtums der Barmherzigkeit Gottes erhob.
1. Łagiewniki – Geschichte
Das Heiligtum der Barmherzigkeit Gottes in Łagiewniki liegt im südöstlichen Teil Krakaus. Der Name Łagiewniki kommt von łagiewników – so wurden die Bewohner der Siedlungen genannt, die der Herstellung von kleinen Fässern (Gefäßen aus Holz oder Leder, vielleicht auch aus gebranntem Lehm) nachgingen, die zur Aufbewahrung und zum Transport von Getränken dienten. Die ersten schriftlichen Erwähnungen des Dorfes stammen aus dem 14. Jahrhundert, obwohl die Besiedlungsspuren hier in die römische Zeiten zurückreichen, ja sogar in die Jungsteinzeit, was archäologische Ausgrabungen bestätigen. Die Bevölkerung in diesen Gebieten war in der Landwirtschaft, im Kleingewerbe und im Handel tätig, weil eine alte königliche Handelsstraße (via regalis) von Norden nach Süden durch das Dorf führte. Anfangs war Łagiewniki eine Siedlung, die im Dienste Krakaus und des Herzogshofes stand, später (im 13. und 14. Jh.) wurde es zu einer Dorf mit Landwirtschaft und Viehzucht, das seit dem 15. Jahrhundert im Besitz des Krakauer Kastellans war. Nach den polnischen Teilungen kam es in verschiedene Hände. Im Zentrum von Łagiewniki befinden sich Gutshofgebäude mit einem Herrenhaus.
Im 17. Jahrhundert nahm die erste Fabrik in Łagiewniki ihre Tätigkeit auf: Es handelte sich um eine Papierfabrik, aber die Entwicklung der Papierindustrie, die den Charakter der Siedlung von Grund auf veränderte, fällt in das 19. und in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Entwicklung der Industrie war mit der Entdeckung von Tonsteinboden und Gips auf diesem Gelände verbunden, beides Rohstoffe für die Bauindustrie. Damals entstanden auf dem Gebiet des Dorfes Łagiewniki eine Gipsund eine Lehmgrube, eine Mühle zur Vermahlung dieser Rohstoffe, Ziegeleien, Dachziegelund Kachelfabriken und mit der Zeit auch eine Eisenhütte, die Fabrik für Armaturen und die Maschinenfabrik. Neben der Bauindustrie, die sich sehr intensiv entwickelte, entstanden auch andere Fabriken, wie z. B. eine Kerzenund Seifenfabrik, eine Möbelfabrik sowie handwerkliche Kleinbetriebe. Im Nachbardorf Borek Fałęcki entstand im Jahre 1901 die berühmte Ammoniak-Soda-Fabrik Solvay, die ihre Produktpalette und Beschäftigungszahl sehr schnell vergrößerte und so zu einem der größten Industrieunternehmen in Krakau wurde. In den Jahren des Zweiten Weltkriegs arbeitete in dieser Fabrik, die dem Kloster benachbart war, Karol Wojtyła.
Mit der industriellen Entwicklung in Łagiewniki stieg auch die Einwohnerzahl und der Baucharakter änderte sich. Die ländlichen Holzhütten verschwanden, es entstanden Steinbauten mit vorstädtischen Charakter, also frei stehende Häuser, die mit Grün umgeben waren und Mietgebäude. Das frühere Dorf verwandelte sich in ein vorstädtisches Industriezentrum mit den größten Fabriken in dieser Gegend, die Hunderte von Arbeitern beschäftigten.
In den Jahren des Zweiten Weltkriegs (1941) wurde Łagiewniki auf Befehl des Generalgouverneurs als Katasterstadtteil in Krakau eingemeindet. Noch vor dem Krieg, während der großen Wirtschaftskrise, hatte man die kleinen Ziegeleien nach und nach geschlossen. Nach dem Krieg wurden die großen Arbeitsbetriebe verstaatlicht, danach ein Teil von ihnen umgestaltet, ein Teil geschlossen, darunter das Krakauer Unternahmen Solvay. Auf dem Gelände von Łagiewniki entstanden neue Wohnsiedlungen, Verkehrswege und zwei Pfarreien. Heute gehört Łagiewniki zusammen mit dem früheren Dorf Borek Fałęcki zum 9. Bezirk Krakaus.
2. Die Klosteranlage in Łagiewniki
Ende des 19. Jahrhunderts kaufte man auf der Anhöhe im Dorf Łagiewniki aus Mitteln des Fürsten Alexander Lubomirski, eines Finanziers und Philantropen, der Kard. Albin Dunajewski eine beträchtliche Geldsumme anvertraute, mehr als 10 ha Acker von Bernard und Samuel Wohlfeld und örtlichen Bauern. Dort sollten ein Kloster und Gebäude für ein Erziehungswerk zugunsten von Mädchen und Frauen erbaut werden, die einer tiefen moralischen Erneuerung bedurften. Das ganze Anwesen wurde mit einer Mauer umgeben und zu Ehren des hl. Josef, dem die Schwestern der Kongregation der Muttergottes der Barmherzigkeit das Erbitten der Stiftung zuschrieben, „Józefów“ genannt. Der Bau wurde von dem Architekten Karol Zaremba und dem Baumeister Ignacy Miarczyński geleitet. Am 20. August 1891 weihte Kard. A. Dunajewski die St. Josef-Kapelle und einen Gebäudeflügel, der zur Durchführung der apostolischen Arbeit vorgesehen war.
Das Klosteranwesen war im Hinblick auf den Charakter dieses Werks der Barmherzigkeit für Personen von außen geschlossen. In der Klosteranlage beschäftigten sich die Schwestern mit der Erziehung moralisch vernachlässigter Mädchen – wie man damals sagte. Die Arbeit mit den Mädchen und Frauen stütze sich auf die Achtung der Würde des Menschen, die Pflege christlicher Werte und die Vorbereitung auf die Berufstätigkeit und ein selbstständiges, würdiges Leben in der Gesellschaft. Eine wichtige Rolle im Erziehungsprozess spielte die Arbeit, die zugleich die Unterhaltsquelle für die Schwestern und Zöglinge war. Im „Haus der Barmherzigkeit“ (so wurden die apostolischen Einrichtungen in der Kongregation genannt) wurden unter der Leitung der Schwestern auf sehr hohem Niveau Dienstleistungswerkstätten für Stickerei und Weberei, eine Buchbinderei und eine Wäscherei geführt, außerdem wurde die Arbeit im Garten und in der Landwirtschaft gelehrt. Im Hinblick auf den spezifischen Charakter dieses Werkes der Barmherzigkeit war das Klostergelände bis zum 2. Weltkrieg für Personen von außen geschlossen. Jeder Tag war mit Arbeit und Gebet ausgefüllt.
In den Jahren des Ersten Weltkrieges wurde ein Teil des Klosteranwesens beschlagnahmt und als Lazarett genutzt, in dem Soldaten verschiedener Nationalität gepflegt wurden, die ansteckenden Krankheiten wie Typhus, Cholera, Ruhr, Pocken und Scharlach litten. Allein in den Jahren 1914-1915 durchliefen etwa 2400 Personen das Krankenhaus. Die Toten wurden auf dem Friedhof außerhalb der Klostermauern begraben.
Während der nationalsozialistischen Besatzung wurde „Józefów“ als Eigentum der Deutschen behandelt, deshalb musste ihnen die Kongregation eine bestimmte Menge Gemüse liefern. Die Schwestern führten weiterhin das „Haus der Barmherzigkeit“ (in das die Deutschen zur Strafe Frauen einwiesen, die beim Schmuggeln erwischt worden waren), halfen Umsiedlern, erteilten Geheimunterricht und beteiligten sich an karitativen Aktionen, indem sie eine Armenküche führten.
Im Jahre 1962 nahmen die kommunistischen Behörden der Kongregation die Erziehungsanstalt und den größeren Teil des Anwesens weg. Einige Jahre später (1969) organisierten die Schwestern im Kloster unter dem Namen „Quelle“ eine Einrichtung der offenen Hilfe für gesellschaftlich unangepasste Jugendliche, die bis 1991 tätig war. 1989 gaben die staatlichen Behörden der Kongregation die Mädchenanstalt zurück. Heute trägt sie den Namen „Jugenderziehungszentrum“ und ist eine geschlossene Resozialisierungseinrichtung für gesellschaftlich unangepasste Mädchen. Die Schwestern führten dort ein Internat sowie ein Gymnasium und drei weiterführende Schulen: ein dreijähriges Wirtschafts- und Verwaltungslyzeum, eine zwei- jährige Berufsgrundschule für Gastronomie und Friseurhandwerk.
In diesem Kloster lebte und starb die hl. Schwester Faustina Kowalska, durch die Christus die große Botschaft der Barmherzigkeit übermittelte, die an die biblische Wahrheit von der erbarmenden Liebe Gottes zu jedem Menschen erinnerte und dazu aufrief, sie mit neuer Kraft durch das Zeugnis des Lebens, durch Taten, Worte und Gebet zu verkünden. Heute verkünden die Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit, die die hl. Schwester Faustina als ihrer geistige Mitstifterin betrachten, die Botschaft der Barmherzigkeit nicht nur durch das Zeugnis des Lebens und das Werk der Barmherzigkeit gegenüber den Mädchen, die einer moralischen Erneuerung bedürfen, sondern auch durch das Wort (Betreuung der Pilger, Ausbildung der Apostel der Barmherzigkeit Gottes im Verein „Faustinum“, Veröffentlichungen des Verlags „Misericordia“, die Vierteljahresschrift „Botschaft der Barmherzigkeit“, Medien) und das Gebet.
3. Die Kapelle mit dem Gnadenbild des Barmherzigen Jesus und dem Grab der hl. Faustina
Die Ordenskapelle St. Josef, die die zwei Gebäudeflügel des Klosters verbindet, wurde von Kardinal Albin Dunajewski im Jahre 1891 geweiht. Im Hauptaltar, der von Ferdynand Majerski aus Przemyśl ausgeführt wurde, befindet sich eine Figur der Muttergottes der Barmherzigkeit, der Patronin der Kongregation, auf der linken Seite eine Figur des hl. Stanislaus Kostka (Patron der Ordensjugend), auf der rechten Seite der hl. Maria Magdalena (Patronin der Büßerinnen). In den Seitenaltären des Chorraums gibt es auf der linken Seite das Gnadenbild des Barmherzigen Jesus, das das Bild des Herzens Jesu (von Jan Bąkowski) verdeckt, das sich in diesem Altar ursprünglich befand; auf der rechten Seite ist ein Bild des hl. Josef mit dem Jesuskind zu sehen (von Franciszek Krudowski).
In den Jahren des 2. Weltkrieges wurde das Klostergelände in Łagiewniki (das bisher für Personen von außerhalb nicht zugänglich war) für Flüchtlinge und Menschen geöffnet, die das Grab der Schwester Faustina besuchen wollten, weil der Ruf der Heiligkeit ihres Lebens mit der dynamischen Entwicklung der Andacht an die Barmherzigkeit Gottes wuchs. 1943 weihte der Krakauer Beichtvater der Schwester Faustina, P. Józef Andrasz SI, das Bild des Barmherzigen Jesus von Adolf Hyła und initiierte die feierliche Andacht zu Ehren der Barmherzigkeit Gottes, zu der die Einwohner Krakaus und der Umgebung herbeiströmten. Das zweite Bild des Barmherzigen Jesus (von A. Hyła), das in Größe und Form der Nische des Seitenaltars entsprach, wurde von P. Józef Andrasz am 16. April 1944, dem ersten Sonntag nach Ostern (Fest der Barmherzigkeit), geweiht und schnell für seine Gnaden berühmt. Seine Kopien und Reproduktionen verbreiteten sich in der ganzen Welt, und so erfüllten sich die Worte Jesu, die Er zur Schwester Faustina gesprochen hatte, dass Er wünsche, dass das Bild Seiner Barmherzigkeit zuerst in der Kapelle der Kongregation und dann auf der ganzen Welt verehrt werde.
Die historischen Wandmalereien wurden in der Zwischenkriegszeit (1934) von Zdzisław Gedliczka entworfen. Sie wurden in den Jahren 1981-1990 während der Generalsanierung und der Konservierung der Kapelle restauriert. Damals wurden in den Seitenfenstern der Kapelle und in dem Vorraum Glasmalereien eingesetzt, die ein Werk von Wiktor Ostrzołek sind. Älter ist nur die Glasmalerei, die die hl. Cäcilia darstellt und sich im Rundfenster des Chores befindet. Um die Kapelle wurden an den Wänden Schaukästchen angebracht, in denen sich künstlerisch angeordnete Votivgaben befinden, die von den Gnaden zeugen, die die Pilger hier durch Bitten erlangten.
1968 wurde die Kapelle in die Liste der Heiligtümer der Diözese Krakau aufgenommen, und am 1. November 1992 erließ der Metropolit von Krakau, Kardinal Franciszek Macharski, ein offizielles Dekret, das sie als Heiligtum der Barmherzigkeit Gottes einsetzte. Vor der Kapelle befindet sich ein Flachrelief mit einer Büste des Heiligen Vaters Johannes Pauls II. (ein Entwurf von Czesław Dźwigaj), das an seine erste Pilgerfahrt als Papst zum Heiligtum in Łagiewniki erinnert, auf der anderen Seite gibt es eine Tafel, die an die Pilgerfahrt des Heiligen Vaters Benedikt XVI. erinnert (Entwurf von Andrzej Zaradkiewicz). Am Klostergebäude, beim Eingang in die Kapelle, weist eine Gedenktafel, die nach einem Entwurf von Czesław Dźwigaj ausgeführt wurde, auf die Zelle hin, in der die Apostelin der Barmherzigkeit Gottes, die hl. Schwester Faustina, im Herrn entschlief (das frühere Krankenzimmer des Ordens).
Sr. M. Elżbieta Siepak ISMM
Im Text wurden Abschnitte aus folgendem Artikel verwendet: Sr. M. Elżbieta Siepak ISMM: Jan Pawel II pielgrzym łagiewnicki i sługa orędzia Miłosierdzia [Johannes Paul II., der Pilger nach Łagiewniki und Diener der Botschaft der Barmherzigkeit], in: Przyroda, geografia, turystyka w nauczaniu Jana Pawła II [Natur, Geographie und Tourismus in der Lehre Johannes Pauls II.], hrsg. von Dr. Maciej Ostrowski und Izabela Soljan, Kraków 2007, S. 117-126.
Übersetzt von Sabine Lipińska
Die Heiligtümer/Heiligtum der Barmherzigkeit Gottes in Krakau-Lagiewniki